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Perfektionismus: Warum streben so viele Menschen nach einem perfekten Leben?

Aktualisiert: 25. Mai 2022



Perfektes Aussehen, perfekte Arbeitsleistung, perfektes Auftreten, perfekte Familie, perfekte Work-Life-Balance, das perfekte Hobby, ein perfektes Leben führen?

Einen perfektionistischen Lebensstil erkennt man daran, dass die betroffene Person grosse Angst vor Fehlern hat, sehr hohe Ansprüche an sich selbst stellt und den eigenen Selbstwert daran ausrichtet, inwieweit sie die eigenen Massstäbe erfüllt. Man kann es auch kurz formuliert so ausdrücken, dass Perfektionist*innen nach Vollkommenheit streben. Dieses Exzellenzstreben kommt von der Person selbst, aber auch durch unsere heutige Optimierungsgesellschaft.


Ich kann mich noch gut erinnern, als wir in der Schule auf zukünftige Bewerbungsgespräche vorbereitet wurden. Wir sollten die richtige Antwort finden auf die Frage: „Was sind ihre Schwächen“? Eine richtige Antwort war: ich bin Perfektionist*in.

Als Perfektionist*in bezeichnet zu werden ist ja eigentlich schon etwas positives, aber trotzdem wird es nicht als Stärke angesehen aber eigentlich ja doch… In dieser Antwort lässt sich die paradoxe Ansicht des Perfektionismus gut erkennen. Einerseits soll man zielstrebig, fehlerlos, diszipliniert etc. sein, aber Yoga, Entspannung und so ist ja auch total wichtig. ;-) (ich mache übrigens auch selbst gerne Yoga).


In unserer heutigen Leistungsgesellschaft wird es als erstrebenswert erachtet, ja es ist schon fast zur Pflicht geworden, sich selbst ständig zu optimieren. Wir leben in einer Kultur, die Erfolg und Leistung besonders hoch bewertet. Etwas perfekt ausüben ist toll, aber man soll es bitte nicht übertreiben. Sonst werden diese Stärken schnell zu Schwächen. Ein schmaler Grat, der hier von uns verlangt wird.


Prinzipiell kann man dem Perfektionismus durchaus positive Eigenschaften zuschreiben. Menschen die etwas perfekt ausüben wollen arbeiten sehr genau und gewissenhaft. Sie nehmen ihre Aufgaben/Ziele ernst, sind diszipliniert und konzentriert bei der Sache. Vor allem im beruflichen werden diese Eigenschaften als besonders wünschenswert erachtet. Doch was treibt diese Person tatsächlich an so gewissenhaft und zielstrebig zu arbeiten? Steckt die Angst vor Fehlern dahinter, die Angst nicht zu genügen, ein verminderter Selbstwert der nur erhöht werden kann, wenn man etwas idealistisch erfüllt? Wie geht es denn dieser Person dabei?


Im schlimmsten Fall wird der Perfektionismus zum klinischen Problem. Dann sollte man einen Therapeuten aufsuchen. Soweit möchte ich hier aber nicht gehen.

Ein Schwerpunkt meines Coachings ist der Perfektionismus, weil ich es als extrem wichtig erachte sich seine eigenen perfekten Ideen und Wünsche bewusst zu machen. Das eigene Perfektionsstreben zu hinterfragen. Denn oft scheitert man an neuen Ideen z. B. sich selbstständig zu machen, Neuanfängen oder Lebensveränderungen aufgrund des Exzellenzstrebens. Ich weiss das aus eigener Erfahrung. Man kommt ins Grübeln, irgendein Problem erkennt man immer, will aber keine Fehler machen, Zweifel und Unsicherheiten entstehen und somit verändert man lieber nichts oder wirft die neue Idee lieber über Bord. Aber ist das wirklich die bessere Lösung? Man wahrt so den Schein das eigene Leben wäre perfekt, da ja nichts schief gelaufen ist. Aber hat man nun das gemacht was man wirklich möchte, wichtige Lebenserfahrung gesammelt oder sich selbst verwirklicht?


Kann man nun aus voller Überzeugung heraus und stolz behaupten: „Ja, ich habe Fehler gemacht, manche sind mir peinlich, aber ich bin trotzdem glücklich und stolz darauf. Denn ich war mutig und habe wichtige Erfahrungen gesammelt.“ Lebenserfahrung, Entwicklung und Zufriedenheit ist doch ein viel schöneres Ziel als ein anscheinend perfektes Leben.


Literaturquelle:

Nils Spitzer: Perfektionismus und seine vielfältigen psychischen Folgen

Anja Mumm: Loslassen. Raus aus der Perfektionismusfalle


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